Friedrich Hermann Lütkemüller (* 16. Februar 1815 in Papenbruch; † 19. Oktober 1897 in Wittstock/Dosse) war ein deutscher Orgelbauer.

Leben

Friedrich Hermann Lütkemüller war ein Sohn des evangelischen Pfarrers Samuel Christoph Abraham Lütkemüller in Papenbruch bei Wittstock (Prignitz). Es war dessen erste Pfarrstelle, nachdem er fast zehn Jahre Privatsekretär bei Christoph Martin Wieland in Weimar gewesen war. Der junge Lütkemüller erlebte 1829 den Neubau einer Orgel durch Johann Friedrich Turley in Wildberg bei Neuruppin, der zweiten Pfarrstelle des Vaters. Daraufhin entstand sein Wunsch, Orgelbauer zu werden.

Lütkemüller lebte von der Gründung seiner Werkstatt 1844 bis zu seinem Tode in der nordbrandenburgischen Stadt Wittstock. 1845 heiratete er die 21-jährige Laura Marie Juliane Adelheid Tondeur aus Berlin, Tochter eines königlichen Hauptmannes hugenottischer Abstammung. Sein 1846 geborener Sohn Johannes arbeitete anfangs in der väterlichen Werkstatt, wird z. B. 1866 beim Aufbau der Sietower Orgel genannt. Er starb 1919 als Veterinärrat in Rostock. Tochter Anna, 1848 geboren, starb nach zwei Jahren. Tochter Adelaide wurde 1849 geboren, 1853 Tochter Clara, 1854 Tochter Hedwig, die nach fünf Jahren starb und 1856 Tochter Marie, die ledig blieb.

Friedrich Hermann Lütkemüller starb am 19. Oktober 1897 in Wittstock, seine Witwe Laura acht Jahre später auch in Wittstock.

Ausbildung und Wanderschaft

Von 1830 bis 1833 absolvierte Lütkemüller eine Lehre bei dem damals 26-jährigen Johann Friedrich Turley in Treuenbrietzen. Dazu Auszüge aus seiner Autobiografie (1869):

Anschließend ging Lütkemüller auf Wanderschaft. Zuerst machte er Station bei Carl August Buchholz in Berlin, dessen damalige dünne Auftragslage einen langen Aufenthalt nicht ermöglichten. Nach einigen Wochen bei Gottlieb Heise in Potsdam gelangte er Ende 1834 zu Eberhard Friedrich Walcker in Ludwigsburg, dessen guter Ruf bereits über die württembergische Landesgrenze reichte. Walcker war der innovativste Orgelbauer in Deutschland und Ziel vieler wandernder Orgelbauergesellen. 1837 ging Lütkemüller für ein Jahr wieder zurück in die Heimat, um seinen Militärdienst in Erfurt und Neuruppin abzuleisten. Anschließend ging er wieder zurück nach Ludwigsburg, um für weitere fünf Jahre bei Walcker zu arbeiten.

Dort erreichte er meisterhafte Fähigkeiten und konnte den über mehrere Monate abwesenden Walcker in der Leitung des Baus der Orgeln für die Kirche in St. Petersburg (1838–1840) und die Olaikirche in Reval (1840–1842) vertreten. Dazu Auszüge aus seiner Autobiografie (1869):

Eigene Werkstatt und Orgelbau

Durch eine Nachricht seiner Mutter erfuhr Lütkemüller 1843 von der Kirchenerneuerung in Wittstock und dem Bau einer Orgel. Er beendete seine Arbeit in Ludwigsburg, begab sich in seine Heimat und übergab dem Wittstocker Magistrat im August 1843 sein Angebot für eine neue Orgel. Im Januar 1844 erhielt er den Vertrag zum Bau einer dreimanualigen Orgel mit 44 klingenden Stimmen. Am 26. Juli 1846 wurde das Instrument revidiert und abgenommen.

Für diesen Großauftrag gründete er 1844 in Wittstock eine eigene Firma. 1848 kaufte er in der Nähe des Bahnhofes in der Eisenbahnstraße 5 ein Gebäude, das er bewohnte und neben dem er seine Werkstatt errichtete. Wie viele Mitarbeiter bei ihm arbeiteten, ist nicht bekannt.

Bereits bei seinen ersten Orgeln sind die Eindrücke und Erfahrungen der Aufenthalte bei Buchholz und Walcker sichtbar. Von Buchholz schaute er sich die Metallpfeifenherstellung mit der sehr guten Zinnarbeit ab. Bei mehrmanualigen Orgeln baute er, genau wie Walcker, freistehende mit dem Blick zum Altar gerichtete Spieltische. Neben wenigen drei- und zweimanualigen Orgeln baute Lutkemüller überwiegend einmanualige Instrumente mit mechanischen Schleifladen. 1850 notierte er:

1869 schrieb Friedrich Hermann Lütkemüller in seiner Autobiografie:

Bekanntester Schüler wurde Albert Hollenbach, der sechs Jahre bei Lütkemüller lernte und arbeitete. Dieser machte sich 1878 in Neuruppin selbstständig. Von der Firmengründung 1844 bis zu seinem Tode 1897 war Lütkemüller im Nordwesten Brandenburgs, in Mecklenburg und in der preußischen Provinz Sachsen tätig. Sein Schaffen wird auf etwa 200 neue Orgeln geschätzt.

Er ist auch Erfinder einer Doppeltraktur, für die er 1880 ein Patent erhielt. Der Prototyp dieser sogenannten Patentorgel wurde nur zweimal gebaut und steht seit 1863 in Marwitz bei Velten und ist erhalten. Die 1882 in Sydow gebaute Patentorgel ist nicht mehr erhalten.

Am 11. Februar 1894 ist in der Leipziger Zeitschrift für Instrumentenbau zu lesen:

Werkliste (Auswahl)

Friedrich Hermann Lütkemüller baute zahlreiche Orgeln, vor allem in der nördlichen Mark Brandenburg, aber auch in Mecklenburg und an weiteren Orten. Etwa 140 Instrumente sind in Deutschland in größeren oder kleineren Teilen erhalten. Nicht mehr vorhandene Orgeln sind kursiv gesetzt.

Orgelneubauten

Weitere Arbeiten

Literatur

  • Friedrich Hermann Lütkemüller: Patentschrift Nr. 11708, „Einrichtung an Orgeln, mittels einer Klaviatur zwei Manuale zu spielen“. Patent ab 9. März 1880, ausgegeben den 17. Dezember 1880.
  • Friedrich Hermann Lütkemüller: Die Patent-Orgel von Lütkemüller, in: Die Orgel- und Pianobau-Zeitung, 3, 1881, S. 83 f.
  • Uwe Pape: Die Orgel in Marwitz – eine „zweimanualige Orgel mit einem Clavier“ von Friedrich Hermann Lütkemüller. In: Ars Organi, 36, 1988, S. 83–92.
  • Uwe Pape: Friedrich Hermann Lütkemüller, Wittstock. In: Acta Organologica, Band 26, 1998, S. 289–318.
  • Uwe Pape: Friedrich Hermann Lütkemüller. Berlin 2001 (2. Auflage), 347 S.
  • Friedrich Drese: Lütkemüller. Orgeln im Landkreis Müritz. Röbel/Müritz 2000.
  • Friedrich Drese: Der Orgelbauer Friedrich Hermann Lütkemüller und sein Schaffen in Mecklenburg. Malchow 2010.

Quellen

Ungedruckte Quellen

Landeshauptarchiv Schwerin (LHAS)

  • LHAS 3.2-3/1 Landeskloster/Klosteramt Dobbertin
  • LHAS 5.11-2 Landtagsverhandlungen, Landtagsversammlungen, Landtagsprotokolle und Landtagsausschuß.

Landeskirchliches Archiv Schwerin (LKAS)

  • LKAS, OKR Schwerin, Specialia.

Weblinks

  • Literatur über Friedrich Hermann Lütkemüller in der Landesbibliographie MV
  • Friedrich Hermann Lütkemüller Friedrich-Hermann-Lütkemüller-Gesellschaft, Biographische Angaben
  • Friedrich Hermann Lütkemüller Institut für Orgelforschung Brandenburg, Kurzbiographie
  • Friedrich Hermann Lütkemüller Orgeldatabase, 147 Orgeln (niederländisch, deutsch)
  • Friedrich Hermann Lütkemüller Organindex, einige Orgeln

Einzelnachweise


Detail

Lennewitz (ev. Kirche) Orgellandschaft Brandenburg

Kampehl (ev. Kirche) Orgellandschaft Brandenburg

Heinz Lutermann Berater XING

Hermann Lutz Photos and Premium High Res Pictures Getty Images